SSV-BS 30290
21.06.1995 – 29.12.2007
T 150
HD-A, ED-0, OCD-frei
Zuchtzulassung: 13.04.1997
PRÜFUNGEN
FH2(ÖPO) FH3(ÖPO) SSV-GH2 SSV-UO4 SSV-F3 SSV-F5
VPG III FH II BH/VT AD RH-Fl.B
RH-Tr.A FCI-FH
WÜRFE
D-Wurf: 2 R/5 H nach Alex von Zellnergut
E-Wurf: 3 R/3 H nach Dany von der Katzenstiegfluh
Paulinchens C-Wurf stand zunächst unter keinem guten Stern: von neun Welpen konnte ich nur vier aufziehen; zwei über 800 Gramm schwere Rüden wurden tot geboren, drei Welpen musste ich wegen Lebensschwäche dann noch in den ersten drei Tagen einschläfern. Dazu kam die Sorge um die Mutterhündin nach dem Kaiserschnitt, die stark geschwächt und extrem dünn war, da sie bereits eine Woche vor dem Werfen das Fressen fast vollständig eingestellt hatte. So gab sie auch nur wenig Milch und die vier Welpen mussten von Anfang an zugefüttert werden. Eigentlich hatte ich mich direkt in die erstgeborene Hündin verguckt, aber Caramba entwickelte sich nach der fünften Lebenswoche zu einem Sensibelchen. Sie war sicher die schönere Hündin, aber die kleine freche Carlotta war einfach mein Hund. „Klein aber oho“, das traf auf diese Hündin zu.
Ähnlich temperamentvoll wie Mutter Paulinchen und für alle Sparten des Hundesportes gleichermaßen begabt und geeignet trat sie in die großen Pfotenabdrücke ihres Onkels Jonathan, legte wie er Begleit-, Fährten-, Schutz-, Rettungshund- und Ausdauerprüfungen mit Bravour ab und war „nebenbei“ auch eine tolle Zuchthündin. Als Mensch wäre sie der Typ der erfolgreichen Karrierefrau, die zeitgleich bestens erzogene Kinder durch die Schule bringt, gewesen. Im Gegensatz zu ihrer Mutter hielt sie nichts von übertriebenem „Verwöhnen“ ihrer Welpen. Sie bewachte sie, säugte sie nach einem fast militärischen Zeitplan, zwang sie zu Bewegung und Spiel und erzog sie mit eiserner Konsequenz. Im übrigen überließ sie gerne einige Zeit ihrer Mutter und dem alten Jonathan die Aufsicht über den Nachwuchs, um mit mir wieder etwas zu unternehmen. Mit sechs Jahren wurde ihr das eigene Temperament zum Verhängnis, sie rannte in vollem Lauf gegen die geschlossene Haustür und verletzte sich an der Halswirbelsäule. Durch diesen Unfall war schlagartig Schluss mit den meisten sportlichen Aktivitäten und selbstverständlich kam auch eine weitere Geburt nicht in Frage. Monatelang konnte sie nur kurze Gänge machen und jede Berührung im Halsbereich verursachte Schmerzen.
Für den Rest ihres Lebens durfte sie nur noch alleine ohne Leine laufen, da jedes Rempeln durch einen anderen Hund möglicherweise eine komplette Querschnittlähmung ausgelöst hätte. Nach einigen Wochen stellte ich fest, dass sie am besten laufen konnte, wenn sie mit der Nase am Boden schnupperte und langsam ging. Bei dieser Bewegung entspannte sie sich zusehends, so dass ich anfing, täglich mit ihr zu fährten. All ihre Energie setzte sie in den folgenden Jahren in der Fährte ein und als „Abfallprodukt“ unseres Trainings war sie der erste Sennenhund, der sich in Deutschland für die Bundessiegerprüfung der Fährtenhunde qualifizierte und diese Prüfung ein Jahr nach ihrem Unfall sogar gewinnen konnte. Mit elf Jahren startete sie als ältester teilnehmender Hund zum letzten Mal bei dieser großen Prüfung, einer ihrer „Konkurrenten“ war ihr Sohn Emil. Carlotta war eine Kämpfernatur. Als kleinster Hund meiner Hundefamilie übernahm sie mit acht Monaten eine Führungsrolle neben Jonathan und selbstverständlich über ihrer Mutter Paulinchen. Sohn Emil und Enkeltochter Dornröschen akzeptierten diese Führung bis zu ihrem Tod und Urenkelin Göre durfte ihr erstes halbes Lebensjahr unter ihrem Schutz unbekümmert genießen. Ein Erlebnis war es, sie fährten zu sehen. Ein Krimi konnte nicht spannender sein, und ich kam mir dabei nie wie der Hundeführer vor sondern immer wie ein Besucher, den sie für eine kurze Zeit mit auf eine Reise in ihre mir verborgene Geruchswelt nahm. Seit damals bin ich von den Leistungen, zu denen Hunde in diesem Bereich fähig sind, fasziniert; und wenn ich einen einzigen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, wenigstens einmal mit den Sinnen eines Hundes unterwegs sein zu dürfen.
Carlotta wurde trotz ihres Wirbelsäulenproblems sehr alt. An ihrem Todestag hatte ich bereits alles gepackt, um mit ihr und den drei anderen Hunden zu einer Ausbildungswoche zu fahren, als sie mir mit der ihr eigenen Bestimmtheit signalisierte, dass sie am Ende ihres Lebens angekommen war: sie fraß ihr Mittagessen nicht und legte sich in ihre Flugbox im Flur, als wir starten wollten. Ich habe ihre Entscheidung akzeptiert und sie eingeschläfert.